Das Grünbuch zum Strommarkt für die Energiewende

  • Simon Schmitz
  • policy, market

Unten ist der Text meiner kürzlich abgeschickten und auch schon veröffentlichten Stellungnahme zum Grünbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“. Das Bundeswirtschaftsministerium in Deutschland hat in diesem Diskussionspapier seinen letzten Stand der Überlegungen zu einer teilweisen Neuordnung der Strompolitik dargelegt und holt noch bis März 2015 Kommentare ein.

Besonders positives Highlight ist aus unserer Sicht der Ansatz zur „Dynamisierung“ einiger Komponenten des Strompreises (zusätzlich zum bereits stündlich schwankenden Strombörsenpreis), weil dies die Preisunterschiede zwischen teuren und preiswerten Stunden steigen lassen würde. Was wiederum verstärkte Anreize für eine Flexibilisierung der Nachfrage bedeuten würde, und damit eine weitaus bessere Integration von Solar- und Windenergie.


Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Möglichkeit, das Grünbuch „Ein Strommarkt für die Energiewende“ des BMWi zu kommentieren.

Kurz zur Vorstellung: aWATTar ist ein neuer Stromanbieter, der in den nächsten Wochen in Österreich in den Markt starten wird, mit Deutschland fest im Blick.

2 Aspekte unterscheiden aWATTar von anderen Stromanbietern:

  • Wir werden in AT (und hoffentlich auch in D) der erste Anbieter auf dem Markt sein, der einen stündlich variablen, wetterabhängigen Tarif für Haushalte und Gewerbe anbietet
  • Wir entwickeln und testen derzeit eine internetbasierte, automatische Optimierung für Wärmepumpen, die auf Basis der Day Ahead Spotmarktprognose den Stromverbrauch der Pumpe in die günstigsten Stunden (also tendenziell die mit der niedrigsten Residuallast) und von den teuersten Stunden weg (also tendenziell die mit der höchsten Residuallast) legt

Diese 2 Aspekte bieten in Summe für aWATTar’s Kunden den Charme, dass sie a) Geld sparen, als auch b) die Energiewende unterstützen und c) ein kosteneffizientes Strommarktdesign ermöglichen.

a) Einsparung für den Kunden

Wir schätzen die jährliche Einsparung mit Wärmepumpe auf rund 100€ für einen durchschnittlichen Haushaltskunden mit repräsentativem Verbrauch, jetzigem Tarif, und Speicherpotential in der (Fußboden)Heizung bzw. dem Gebäude. Das liegt in etwa bei den Kosten für einen Smart Meter, den wir als Mittel zum Zweck sehen, diese Lösung zu unterstützen.

WICHTIG: Unsere Schätzung basiert allein auf den aktuellen Strombörsenpreisen Die Hardware, die wir anbieten, um die Steuerung zu gewährleisten, wird in etwa noch einmal 100€ inkl. Installation kosten. Wir arbeiten derzeit zusammen mit einigen Wärmepumpenherstellern an der Ausarbeitung von innovativen Vertriebsmodellen, Reduzierung unserer Kosten, und daran, dass wir dem Kunden gewährleisten können, dass er mit dieser Lösung absolut keinen Komfortverlust hat.

b) Unterstützung der Energiewende

Es liegt auf der Hand, dass aWATTar’s Kunden einen Beitrag dazu leisten, dass weniger Wind- und Solarstrom abgeregelt werden muss, weniger Speicherkapazität benötigt wird, und im Endeffekt durch eine Flexibilisierung der Nachfrage sowohl im Winter als auch im Sommer (Kühlen & Warmwasser) der Weg freigemacht wird für mehr Solar- und Windenergie im Markt (in diesem Satz könnte man in Zukunft auch „im Netz“ ergänzen, wenn die Netzentgelte auch dynamisch werden – wenn nicht, dann funktioniert das Ganze auch in einer beliebig zugeschnittenen Preiszone).

Außerdem bewirkt unsere Lösung eine Vergünstigung der Betriebskosten von Wärmepumpen im Vergleich mit anderen Heizsystemen, die derzeit durch die starke „Besteuerung“ von Strom und die weitgehend fehlenden CO2-Kosten in den Preisen für fossile Heizenergie übervorteilt werden; dadurch erhöht der aWATTar Ansatz den Anteil erneuerbarer Energie im gesamten Energiemix, und reduziert die Abhängigkeit von Gas.

c) Kosteneffizientes Strommarktdesign:

Dadurch, dass aWATTar’s Kunden in Zeiten hoher Residuallast tendenziell abschalten, unterstützen sie auch die Versorgungssicherheit, und machen somit einen Kapazitätsmarkt überflüssig bzw. spielen zumindest in etwa dieselbe Rolle wie eine (sehr große, s.u.) Gasturbine

In dem Segment, das wir ansprechen (gut gedämmte Gebäude mit Fußbodenheizung), sind selbst an kalten Tagen 4 Stunden und mehr ohne Einschalten der Wärmepumpe kein Problem; so könnte selbst die Abendspitze an einem sehr kalten Tag überbrückt werden, die höchstwahrscheinlich die Jahresspitzenlast im System darstellt.

Mit bald einer Million Wärmepumpen in Deutschland, und einer konservativ geschätzten vermiedenen Leistung pro Wärmepumpe von 2kW, könnten so ca. 2 GW an gesicherter Leistung bereitgestellt werden, ohne dass dafür Anreize aus einem Kapazitätsmarkt oder der Einsatz von Gas in ineffizienten Gasturbinen notwendig wären.

Der wesentliche Punkt meiner Ausführungen ist also der, dass es sich für das Gesamtsystem mehrfach lohnen würde, unsere Lösung zu unterstützen. Obwohl wir meinen, dass wir auch ohne „Förderung“ letztendlich Erfolg haben werden, möchte ich doch meine Unterstützung für folgende Punkte, die bereits im Grünbuch Erwähnung finden, kundtun:

Punkt 4.3: Netzentgelte und staatlich veranlasste Preisbestandteile optimieren, isb. Ansatz 3: Dynamisierung (Aufschläge prozentual statt fix ausgestalten)

Dieser Ansatz geht unserer Auffassung nach in absolut die richtige Richtung. Sobald der Kunde über seine Smart Meter Daten stündlich abgerechnet werden kann, er also vom Standardlastprofil (SLP) „befreit“ wird (und die Messdaten auch in der Berechnung der Ausgleichsenergie berücksichtigt werden, eine weitere wichtige Änderung, bei der es noch „Anschubbedarf“ gibt), könnten wir oder der Netzbetreiber ohne Probleme die EEG-Umlage dynamisch berechnen.

Dadurch würde die Einsparung für unsere Kunden mit Wärmepumpen um ein Vielfaches steigen. Mit unserem Abrechnungssystem könnten wir diese Lösung theoretisch (wenn wir bereits in D aktiv wären) in den nächsten Monaten umsetzen, die Maßnahme hätte also eine fast sofortige energiepolitische Wirkung. Für Kunden, die noch über das SLP beliefert werden, würde die EEG-Umlage mit einem Aufschlag zum „Profilpreis“ berechnet (im Prinzip wie heute).

Ein Haken an der Sache wäre sicherlich, dass die höhere Einsparung unserer Wärmepumpen-Kunden durch andere Kunden kompensiert werden müsste, damit das Volumen der EEG-Umlage gleich bleibt.

Aber wäre es das nicht wert, wenn dadurch der Wärmesektor erneuerbarer würde?

Und außerdem gibt es hier eine Fülle an möglichen weiteren Einnahmequellen…wie wäre es z.B. mit einem Mindestpreis für CO2 auf Gas und Kohle (sowohl im Strom- als auch im Wärmesektor)? Die Engländer machen es vor (wie übrigens auch den Konsultationsstill mit Grünbuch und Weißbuch, den ich sehr schätze!). Das wäre auch ein deutliches deutsches Signal für die Klimakonferenz in Paris.

Und: falls die EEG Umlage generell zu heikel ist, könnte man zunächst auch nur die Stromsteuer „dynamisieren“. Every little helps…

Beste Grüße / Best regards,

Simon Schmitz

— CEO aWATTar GmbH Energy in sync with nature www.awattar.com Firmenbuchnummer: 409389v UID: ATU68535338